Wettbewerb
Neubau Mehrfamilienhaus, 1. Preis
Oberengstringen, 2022 - 2023
Limmatsiedler
Städtebau
Die Lage der zu bebauenden Parzellen in Oberengstringen ist in vielerlei Hinsicht eine Spezielle… Nahe bei Zürich, bestens erschlossen, aber trotzdem fern. Am Dorfrand, in einer gemischten Zone - wo sich Wohnen und Gewerbe ‘gute Nacht’ sagen. Am Fusse eines malerischen Südhangs, unmittelbar vor einem riesigen Rechenzentrum. Die Aussicht im Süden ist verbaut, die umliegenden Gebäude sind nicht besonders attraktiv. Auf den ersten Blick sieht es hier nicht nach hochwertigem Wohnraum aus. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich aber Qualitäten: das historische Bauernhaus auf der Nachbarparzelle, die Aussicht nach Südosten Richtung Uetliberg und die Sicht auf die zürcherischen Rebberge am Südhang von Oberengstringen. Der Naherholungsraum Limmatufer liegt direkt vor der Haustüre und wird mit dem Massnahmenplan Limmat nach regionaler Richtplanung zukünftig revitalisiert und aufgewertet.
Auf einem schmalen Streifen muss ein Pionierbau entstehen – ein Projekt, welches die Durchwegung erleichtert, Schutz bietet für Bewohner, Fussgänger und Langsamverkehr, welches neue Anknüpfpunkte schafft und Leben ins Quartier bringt. Zwischen einem Punkthaus und einem Langhaus wird eine Gasse gebildet, welche die beiden Strassen verbindet. Der Raum nach Norden wird gefasst und belebt durch Spiel- und Ruhefläche sowie eine laubengangartige Terrassenschicht. Die Südseite ist von sonnigen Privatgärten geprägt, die Nordseite durch Adressierung und Spielflächen. Keines der beiden Gesichter soll zur Rückseite werden.
Architektur/ Konstruktion
Beide Häuser heben sich durch ein Hochparterre dezent von der Umgebung ab. Das Langhaus ist im zweiten Obergeschoss über einen Laubengang an das gemeinsame Treppenhaus im Punkthaus und damit an die Tiefgarage angebunden. Ein einziger Lift reicht aus, um alle Einheiten beider Häuser hindernisfrei zu erschliessen. Auf den unteren zwei Geschossen des Langhauses befinden sich 6 Reiheneinfamilienhäuser mit eigenem Garten im Süden und einem halbprivaten Vorbereich auf der Nordseite. Wohnen und Essen sind im Erdgeschoss und Schlafzimmer im ersten Obergeschoss angeordnet. Darüber liegen Atelierwohnungen mit Küche zum Laubengang, Wohnen nach Süden und Schlafzimmer, Arbeitsnische und Dachterrasse im oberen Geschoss. Die kompakten Wohnungen im Punkthaus hingegen profitieren von mehrseitiger Belichtung und einem direkten Zugang zur Tiefgarage. Der ‘Waschsalon’ im Erdgeschoss kann im Sommer geöffnet werden und animiert den Durchgang zwischen den zwei Gebäuden.
Abgesehen von Liftkern und Tiefgarage wird auf Beton verzichtet und auf eine Holz-Systembaukonstruktion mit vorgefertigten Elementen gesetzt. Die Holz-Ständerwand-Elemente sind mit Hanfsteinausfachungen geplant. In Kombination mit Lehmbauplatten und Lehmputz im Innenraum, kann so eine einfache Konstruktion realisiert werden – ohne Dampfbremsen und Windsperren. Der Wandaufbau reguliert Wärme und Feuchtigkeit und sorgt so für ein angenehmes und gesundes Raumklima. Als äusserer Witterungs- und Hitzeschutz dient eine hinterlüftete, bunt lasierte Holz-Rhombus-Schalung aus heimischem Nadelholz.
Landschaft
Eine grüne Spange umfasst die beiden Neubauten. Darin finden sich private Vorgärten, Blumenwiesen, sanft ansteigende Spielhügel und die Besucherparkplätze mit Rasengittersteinen. Lediglich zwei Elemente durchstossen diese – Die Tiefgarageneinfahrt im Nordosten und der leicht angezogene Zugang zur Gasse im Süden. Letzterer wird, wie auch die Spielfläche im Norden, in Pflästerung mit Rasenfugen gehalten. Grosszügig dimensionierte Blumenwiesenbeete als Baumscheiben unterbrechen die Pflästerung und sammeln das Regenwasser, welches nicht durch die Rasenfugen versickert. In einer seichten Vertiefung bildet sich hier bei starken Regenfällen eine Pfütze und lädt Tierwelt und Passanten gleichermassen zum Innehalten ein.
Die Vorgärten und das die beiden Gebäude zusammenfassende Holzdeck sind auf das Niveau der Innenräume im Hochparterre angehoben und bieten so zusammen mit den Hecken Schutz vor Einblicken. Eine feinfühlige Modulation der Topografie ermöglicht eine gewisse Durchlässigkeit zwischen den Aussenraumschichten und definiert den jeweiligen Grad an Privatheit und Öffentlichkeit. Die nördliche Kante vom Holzdeck wird von Sitzgelegenheiten, Nischen und Treppenstufen mit der Umgebung verzahnt. Die Spiel- und Ruheflächen bieten Freiraum für kreatives Spielen an Stelle von eigentlichen Spielgeräten.
Technik/ Nachhaltigkeit
Das Energie- und Nachhaltigkeitskonzept wurde in Anlehnung an den Minergie P-Eco Standard erstellt, ohne eine Zertifizierung zwingend anzustreben. So wird beispielsweise auf eine kontrollierte Lüftung verzichtet (Abluft über Einzelraumlüfter für gefangene Räume und Nachströmöffnungen in der Fassade). Die begrünten Dachflächen sind mit Photovoltaik-Paneelen ausgestattet, welche rund 60 Prozent des elektrischen Energiebedarfs abdecken. Zur Energiegewinnung wird eine Nutzung des Grundwassers (Entnahme- und Abgabebrunnen) angestrebt mit ‘Freecooling’ über die Bodenheizung im Sommer. Sollte aufgrund des geringen Gesamtenergieverbrauchs die Bewilligung für die Grundwassernutzung abgelehnt werden, kann eine Abwasserwärmepumpe mit Fernwärmeanschluss eingesetzt werden. Vor Sonneneinstrahlung schützen aussenliegende Falt-Schiebeläden, Gelenkarm-Markisen sowie die verschiedenen Vor- und Rücksprünge der Baukörper.
Zeitraum | 2022- 2023
Bauherrschaft | Nest Sammelstiftung
Ort | Oberengstringen
Kubatur | 8'309 m3 SIA 416
Leistungen | Projektwettbewerb im Einladungsverfahren
Generalplaner | befair partners ag
Architektur | BÜRO Haller, Architektur Michael Konstanzer GmbH, Bauwerkstadt AG
Landschaftsarchitektur | JANS Landschaftsarchitektur
Haustechnik | Amstein + Walthert AG
Visualisierungen | indievisual AG